ehemaliges Verwaltungsgebäude Schokoladenfabrik Riquet, später KONSÜ in Markkleeberg

Gleich neben Leipzig im Markkleeberger Stadtteil Gautzsch wurde einst die Geschichte der Schokoladenfabrik von Riquet, später dann des Konsum Süß- und Dauerbackwarenkombinates „KONSÜ“ und dem sehr bekannten Bonbon „Pfeffi“ geschrieben. Und auch wenn diese Objekte nicht zu den Leipziger Sehenswürdigkeiten gehören, sind noch heute einige Gebäude dieser geschichtsträchtigen Anlage von damals hier zu sehen.

ehemaliges Verwaltungsgebäude Schokoladenfabrik Riquet, später KONSÜ in Markkleeberg
ehemaliges Verwaltungsgebäude Schokoladenfabrik Riquet, später KONSÜ in Markkleeberg

Geschichte der Schokoladenfabrik Riquet & Co. AG

Schon im November 1745 gründete Jean George Riquet, dessen Familie Jahre vorher von Frankreich nach Deutschland emigrierte, eine Kollonialwarenhandlung in der Leipziger Katharinenstrasse. Hauptverkaufsartikel waren zu damaliger Zeit Tee, dennoch importierte Riquet ebenso Kaffee und auch Gewürze, ab 1763 befand sich das Geschäft in der Klostergasse 5.

Sogar Johann Wolfgang von Goethe gehörte zu den Kunden dieses Geschäfts und mochte die Riquet Schokolade sehr gern. Nach dem Tod Riques im Jahr 1791 führte sein Neffe das Geschäft weiter und übergab dieses 1818 an den Teilhaber Christian Friedrich Meyer. Er richtete später weitere Abteilungen für unter anderem Kakao, Tabak und Alkohol im Laden ein.

Durch den enormen Bedarf an Kakaos sowie Schokolade fiel der Entschluss, diese selbst Produkte selbst herzustellen. Also wurde ab 1890 in der Dörrienstrasse selbst Kakao produziert, wobei schon 5 Jahre später 1895 der Umzug nach Gautzsch, welches heute ein Stadtteil Markkleebergs ist, statt fand.

Umzug nach Gautzsch und Neubau

Schon ab 1890 wurden im damaligen Leipziger Vorort Gautzsch in der Koburger Strasse Gebäude für die Lagerung von Tee sowie Fabrikationsgebäude mit getrennten Räumen zur Kakao- und Schokoladeherstellung erbaut. Im Jahr 1896 waren schon 95 Beschäftigte bei Riquet angestellt.

Die schöne Villa, welche noch heute als Denkmalgeschütztes Gebäude an der Koburger Strasse steht, wurde um 1895 mit einer Besonderheit gebaut. Denn im inneren befinden sich 2 Treppenhäuser, wobei hier der Unterschied zwischen dienstlich und privat zu damaliger Zeit bewahrt bleiben sollte, da sie gleichzeitig als Kontorgebäude der Riquetschen Schokoladenfabrik diente. Ausserdem gab es einen Tunnel zur Fabrik.

Mit der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft 1905 wuchs die Beschäftigtenzahl auf 240 Menschen, welche im Unternehmen arbeiteten. In den folgenden Jahren enststanden bis 1924 auf dem Firmenareal noch weitere Betriebsgebäude wie die Errichtung eines Zwischenbaus im Fabrikgrundstück, der Anbau- bzw. Aufbau der Kakao-Rösterei sowie die Erweiterung der Kontorräume, um nur einige Neuerungen auf dem Gelände zu nennen.

Das Gebäude in der heutigen Riquetstrasse Nummer 8, welches ebenso wie die Villa noch erhalten geblieben ist, wurde 1927 errichtet. In den Folgejahren wurden 1939 bis 1940 ausserdem ein Gefolgs- und Kameradschaftshaus sowie Aufenthaltsräume für die Mitarbeiter gebaut auf dem Firmengelände gebaut.

Auch der 2.te Weltkrieg ging nicht spurlos an der Riquet & Co. AG vorbei und somit wurde das Unternehmen nach dem Volksentscheid 1946 entschädigungslos enteignet. Auf einem Teil des Geländes werden jedoch weiterhin Bonbons, Pralinen, Fondant und Geleefrüchte produziert.

ehem.  Produktionsstätte der Schokoladenfabrik Riquet, später KONSÜ in Markkleeberg
ehem.  Produktionsstätte der Schokoladenfabrik Riquet, später KONSÜ in Markkleeberg

Umfirmierung in KONSÜ und „Pfeffi“

Ab 1947 wird die ehemalige Firma an den „Verband Sächsischer Konsumgenossenschaften“ übergeben und nennt sich ab dann „Konsum-Süßwarenfabrik Markkleeberg bei Leipzig“.
Im Jahr 1966 wurde das Konsum Süß- und Dauerbackwaren Kombinat mit Stammsitz in Markkleeberg gegründet. Schon 1955 wurden hier 40 Sorten Bonbons wie Hartkaramellen, Eukalyptusbonbons neben Frucht-Drops auch die zu DDR Zeiten bekannte und beliebte Marke „Pfeffi“ hergestellt, während die Produktion der Schokolade komplett eingestellt wurde. Die Markkleeberger wurden auch als Konsum-Bonbonspezialbetrieb bezeichnet.

Übrigens kann man sagen, dass das „Pfeffi“ Bonbon mit dem unverwechselbaren Pfefferminzgeschmack zu DDR Zeiten ein echter Kassenschlager war, denn nicht umsonst verkaufte sich die Stange mit einem Inhalt von 12 Stück und einem Preis von 10 Pfennig ganze 50 Millionen mal in dieser Zeit.
Im Jahr 1980 wurde der Verband der Konsumgenossenschaften Eigentümer der Grundstücke und ab 1985 wird die Abteilung Füllungen für englische Drops aufgebaut.

Über 1000 Tonnen der beliebten Komprimate verlassen pro Jahr die Markkleerger Fabriken und auch der Export in andere Länder steht nicht still. Die Fabrik verdient sich mit der Produktion verschiedene Preise wie zum Beispiel im Jahr 1886 als „Betrieb der augeszeichneten Qualitätsarbeit“ und wird ein Jahr später 1987 für die Diabetiker-Komprimate in den Geschmacksrichtungen Pfefferminz und Frucht ausgezeichnet.

Auch die Abteilung für Weiterentwicklung forschte an neuen Geschmacksrichtungen bis kurz vor der politischen Wende. Im Wendejahr selbst wurden über 1660 Tonnen hergestellt, während sich das Bonbon ebenso auf der anderen Seite Deutschlands in den alten Bundesländern großer Beliebtheit erfreute, denn auch dort wurden 138 Tonnen „Pfeffis“ gelutscht.

Nachwendezeit und Sanierung

Kurz nach der Wiedervereinigung wurde es still in den Fabrikhallen an der Koburger Strasse, dennoch wurde bis 1992 weiter produziert. Danach stand auch die Zeit auf dem Gelände für viele Jahre still und die Abwicklung erfolgte, die Maschinen wurden abgebaut und verkauft.

Doch seit 2002 tat sich wieder etwas auf dem Gelände und große Teile der alten Industriebauten wurden abgerissen. Doch nicht alle, denn das denkmalgeschützte Gebäude auf dem zweiten Bild in der heutigen Riquetstrasse 8 wurde ab dem Jahr 2003 von Grund auf saniert und erstrahlt seitdem wieder im alten Glanz. Auch die schöne alte Villa an der Koburger Strasse wurde 2008 durch die heutigen Besitzer, die etkon AG aufwendig saniert und umgebaut. Als Bindeglied zwischen den beiden erhaltenen Gebäuden wurde ein moderner eingefügt.

Nun werden dort im ehemaligen Gelände der Riquetschen Schokoladenfabrik auf gut 8000 Quadratmetern Produktionsfläche zahntechnische Halbfertigerzeugnisse hergestellt und in alle Welt versendet. Das Areal trägt jetzt den Namen Quartier-Riquet.

Was wurde denn aus Riquet?

Das im Jahr 1908 und 1909 errichtete traditionsreiche Kaffeehaus Riquet kann man auch heute noch in der Leipziger Innenstadt als eines der wenig erhaltenen Cafe Häuser besuchen. Auch wenn es schon lang nichts mehr mit dem einstigen Inhaber gemein hat, kann man hier gemütlich Kaffee und andere Dinge genießen.

Den Namen „Riquet“ gibt es seit 1945 ebenso noch, denn seit eben genantem Jahr wird Schokolade von Waldbaur in Stuttgart hergestellt. Das Handelsunternehmen Hofer verkauft auch heutzutage noch Schokolade unter dieser Bezeichnung.

Quelle.
https://www.zentralkonsum.de/cms/zeigeBereich/128/geschichte.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Riquet_%26_Co.

Comments

  1. Sehr interessanter Blog Beitrag! Mein Vater hat bei Riquet gelernt und später dann bei KONSÜ (der "Bonbonbude") gearbeitet. Er hat mir oft von seiner Lehrzeit erzählt und was für feine Sachen sie dort gemacht haben.
    Während zu DDR Zeiten die sogenannten Komprimate wirklich recht gut und begehrt waren, gingen die Englisch Drops meistenteils in den Export, so viel ich weiß. Und er hat immer davon geschwärmt, welche hervorragenden Zutaten sie bei Riquet verwendeten, während man zu DDR Zeiten auf immer verrücktere Ideen kam, um irgendwie was aus Nichts irgendwas zu machen. Topsi Riegel, kennste das noch? Die nach kürzester Zeit wie Stein wurden? 😉 Erbsmehl soll da ne Rolle gespielt haben, haha.
    Naja … auf jeden Fall hat mir dieser Beitrag sehr gut gefallen!

    1. Hallo und vielen Dank für den Kommentar auf der Seite SisterMidnight. Ich finde es in der Regel immer sehr interessant, wenn hier Leute auf der Seite posten, die etwas mit Konsü zu tun hatten, so wie Ihr Vater. Denn nur dadurch kann man noch viel mehr Details einer alten Fabrik erhalten oder auch wie es dort zugegangen ist. Ich bin 1980 geboren und habe nicht allzu viel von der DDR Zeit mitbekommen, bis auf die nervtötende Samstagsschule… Topsi sagt mit jetzt grade nicht viel leider, aber werde mir im Netz ansehen, was das denn war. Vielen, lieben Dank für das Lob und einen ganz Gruß zurück

      Swen Junge

      1. Hallo, Swen.

        Habe eben durch ganz großen Zufall gesehen, dass Du (darf ich „Du“ schreiben, obwohl Du/Sie mich gesiezt hast/haben? ich bin jetzt einfach mal so unverschämt) auf meinen Kommentar geantwortet hast. Ganz lieben Dank.
        Ich komme immer wieder gerne auf diese Seite und so hat es mich auch heute hierher verschlagen und da habe ich die Antwort gesehen.
        Heute habe ich eine kleine Anmerkung zum ehemaligen Continental Hotel, die evt von Interesse ist.

        1. Hallo SisterMidnight,

          vielen, lieben Dank für deinen Kommentar und ja, ich versuche jedem Besucher zu antworten. Schreib sehr gern Swen, damit habe ich überhaupt gar kein Problem. Ist das dein Blog hinter deinem Namen?

          Ich habe den Kommentar zum ehemaligen Continental Hotel schon freigeschalten und freue mich über weitere.

          Gruß Swen

  2. Hallo, ein sehr interessanter Beitrag. Vielen Dank für das Engagement. Mein Urgroßonkel war Holzbaumeister und in der Riquet-Fabrik als Haus- und Hofbaumeister angestellt. Das heißt, wann immer etwas an Mobiliar, Ausstellungsvitrinen, etc. zu fertigen war, wurde er angesprochen. Für eine große Messe durfte er einen etwa 50m langen Ausstellungstisch schreinern, der mit so großem handwerklichen Geschick gefertigt wurde, dass er eine recht hohe offizielle Auszeichnung dafür bekam. Ebenso hat er für die verschiedenen Direktoren von Riquet Möbel gebaut und Zimmer eingerichtet (Jagdhäuser, etc.) und es so zu einem gewissen Wohlstand in Markkleeberg erreicht. Toll, dass Sie die Geschichte hier so aufleben lassen…

    1. Hallo Herr Müller,

      vielen, lieben Dank für Ihrem Kommentar und das Lob für den Beitrag. Doch am aufregendsten sind doch immer die Geschichten der Menschen, die dort ihren Lebens- und Arbeitsalltag verbracht haben. Und diese Ihres Großonkels klingt interessant.

      Lieben Gruß Swen Junge

      1. Hallo an Alle,

        vorab- vielen Dank für den tollen Beitrag, sehr schön.
        Ich selbst bin nicht nur Markkleeberger sondern sammle so ziemlich alles an Reklame zum Thema Riquet (Blechdosen, Schilder, Bilder, Fotos etc.) und würde mich sehr freuen wenn jemand dazu etwas abzugeben/ zum Verkauf hat.
        apis02@freenet.de
        Die Geschichten der einstigen Fabrikarbeiter lese ich hier auch mit viel Freude. Das muss doch auch eine spannende Zeit gewesen sein.

        Viele Grüße
        Frank

  3. Hallo, bin auf diese Seite gestoßen, als ich nach Konsü gesucht habe. Ich selbst habe 1984/1985 bei Konsü gearbeitet. Schade, dass nun nichts mehr davon übrig ist. Aber schön, wenn man doch noch ein paar Erinnerungen finden kann!

    Am meisten Spaß hatte mir immer gemacht, wenn wir Freitags in der Spätschicht die Wickelmaschinen gereinigt haben. Da konnte man noch mit Wasser und allem herumplanschen. Keiner musste sich Gedanken wegen der Kosten machen 😉

    Vielleicht findet sich ja noch jemand, der auch während der beiden Jahre bei Konsü gearbeitet hat. Mein Problem ist nämlich, dass ich keinerlei Unterlagen mehr zu meinem Job bei Konsü habe und daher bekomme ich für diese Zeit keine Rentenpunkte. Daher gebe ich hier mal meinen damaligen Namen an.

  4. Hallo

    Ich habe mich nach langer Zeit endlich dazu durchgerungen mich auch einmal hier zu melden.
    Ich bin verzweifelt auf der Suche nach Informationen zu meinem Vater Bruno Merten, ich weiß er hat bei Konsü in Markkleeberg gearbeitet vielleicht auch in leitender Position? Ich habe kaum Erinnerungen oder Erinnerungsstücke an meine Kindheit. Es wäre mir persönlich sehr wichtig ob sich vielleicht noch jemand an den Herrn Bruno Merten erinnern kann? Er müsste in den 1970er Jahren bis 1978 dort gearbeitet haben, an das Büro in der Coburger Straße im Turm kann ich mich noch ganz genau erinnern aber an alles andere eben nicht. Die Privatwohnung war in der Breitscheidstraße in Markkleeberg. Es wäre schön wenn sich jemand finden würde der meinen Vater Bruno Merten kannte, oder vielleicht auch mich seinen Sohn Uwe Merten.

    1. Lieber Uwe, wir haben über euch gewohnt. Wir sind Familie Koch, mit Thilo und Axel.
      Wir kannten deine Eltern und Großeltern ganz gut. Was möchtest du wissen ?

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