Auch noch heute stehen die Industriehallen der Julius Wilhelm Pittler-Werke mit dem alten Schriftzug "Werkzeugmaschinenfabrik" da

Im Leipziger Stadtteil Wahren befinden sich noch heute Fabrikhallen auf einem Areal von rund 4000 Quadratmetern, welche die Leipziger Industriegeschichte bis zur Wende bewegten. Um sich die Dimensionen dieses riesigen Geländes der einstigen Werkzeugmaschinenfabrik vorstellen zu können, muss man einfach dort gewesen sein.

die Front der ehemaligen Pittlerwerke im Leipziger Stadtteil  Wahren
die Front der ehemaligen Pittlerwerke im Stadtteil Wahren

Gründung von „Invention“ und Neubau in Wahren

Der Erfinder und Techniker Julius Wilhelm Pittler, der am 21. Juni 1854 in Polen geboren wurde, kam im Jahr 1876 nach Leipzig. Schon bevor die eigentlichen Werke entstanden, um die es hier im Artikel geht, gründete er 1889 die Maschinenfabrik „Invention“.

Das Unternehmen zur Herstellung und zum Vertrieb von Maschinen und anderen Erzeugnissen der Metallindustrie befand sich zur damaligen Zeit allerdings noch in einem Fabrikgebäude der Ehrlicher Musikwerke im Stadtteil Gohlis. Jedoch ließ sich der steigende Bedarf an Werkzeugmaschinen 1898 in der dortigen Fabrik, welche auf eine Fläche von 2.500 m² anwuchs, nicht mehr decken.

Das Unternehmen um 1900

Somit wandelte man das Unternehmen im Jahr 1895 in die „Leipziger Werkzeugmaschinenfabrik AG vorm. W. v. Pittler“ Aktiengesellschaft um und baute im damaligen Wahren eine neue Fabrik mit nunmehr 32.000 m² Produktionsfläche, welches 1900 in Betrieb genommen wurde.

Auch eine eigene Gießerei in Plagwitz, in der Gussteile für die Maschinen herzustellen, sowie ein Kraftwerk gehörten zum damaligen Unternehmen. Schon einige Zeit später zieht sich der Gründer 1902 aus dem Unternehmen zurück und siedelt, nach einem Aufenthalt in Berlin nach London über.

Auch das Logo der alten "Leipziger Werkzeugmaschinenfabrik AG vorm. W. v. Pittler", späteres VEB Drehmaschinenwerk" ist noch auf dem Dach erhalten
Auch das Logo der alten „Leipziger Werkzeugmaschinenfabrik AG vorm. W. v. Pittler“, späteres VEB Drehmaschinenwerk“ ist noch auf dem Dach erhalten

Während Julius Wilhelm Pittler 1910 in London verstirbt, geht die Arbeit in der Werkzeugmaschinenfabrik weiter. Die dort hauptsächlich hergestellten Revolverdrehbänke erfreuten sich auf dem Weltmarkt großer Beliebtheit. Bevor man 1928 die Aktienmehrheit der Magdeburger Werkzeugmaschinenfabrik AG erlang und somit den größten Konkurrenten der Region übernahm, erfolgte schon 1922 die Umbenennung in Pittler Werkzeugmaschinenfabrik AG.

Auch die Kriegsrüstung verschafft den in Wahren beheimateten Werken positive sowie negative Effekte. Viele Menschen verdienen in den Werken den Lebensunterhalt, dennoch wird das Stammwerk nach dem 2.ten Weltkrieg wegen Kriegsproduktion von den Sowjets zerlegt, 1 Jahr später enteignet.

Doch die Arbeiter konnten ohne Werk nichts herstellen. Daher entschloss man sich im Jahr 1946 die Firma A. H. Paul, vormals Pittler AG, zu gründen. Diese wurde jedoch im selbigen Jahr wieder aufgelöst. Auch das Nachfolgeunternehmen, die Werkzeugbau und Reparaturbetrieb GmbH Leipzig, sollte nicht lange Bestand haben und wurde 1946 erst auf Grund des Volksentscheides enteignet und 1948 aus dem Handelsregister gelöscht.

Das Unternehmen zu DDR Zeiten

Nachdem Werk sowie Vermögen in Volkseigentum übergingen, wurden die Gelder 1948 für den Aufbau des „VEB Drehmaschinenwerk Leipzig“ an selber Stelle verwendet. Mit der Eingliederung des „VEB Center Leipzig“ nur 10 Jahre später wird man einer der größten Arbeitgeber der Stadt. Wiederum einige Zeit später gehört die ehemaligen Pittler-Werke ab 1969 zum „Werkzeugmaschinenkombinat 7. Oktober Berlin“. Auch eine Kooperation mit der Gildemeister AG seit 1982 verhalf dem Unternehmen nach der Wende nicht weiter. Durch eine finanzielle Überforderung, 2 Betriebe gleichzeitig retten zu wollen, blieben die Werke in Wahren auf der Strecke.

Auch noch heute stehen die Industriehallen der Julius Wilhelm Pittler-Werke mit dem alten Schriftzug "Werkzeugmaschinenfabrik" da
Auch noch heute stehen die Industriehallen der Julius Wilhelm Pittler-Werke mit dem alten Schriftzug „Werkzeugmaschinenfabrik“ da

Die Privatisierung und eine Umbenennung in „Pittler-Tornos Werkzeugmaschinen GmbH Leipzig“ erfolgte trotzdem 1991, doch der Konkurs folgte schon 6 Jahre später 1997. Seitdem liegen die alten Industriehallen der Pittler-Werke brach. Doch es gibt neue Hoffnung, denn 2018 öffneten sich die Tore der alten Hallen in der gleichnamigen Pittlerstrasse für 2 Monate. Beim Kunstvestival „Monumenta“ präsentierten über 100 Künstler aus zahlreichen Ländern ihre ganz eigenen Visionen von September bis Oktober. In den letzten Jahren wurden ausserdem Arbeiten am Dach sowie an den Mauern durchgeführt.

Nachfolgeunternehmen

Nach Ende des 2.ten Weltkrieges gründeten die alten Eigentümer die „Pittler Maschinenfabrik AG“ im westdeutschen Langen in Hessen. Diese firmierte in eine GmbH um und wurde, um einem Konkurs zu entgehen, von anderen Unternehmen übernommen. Die dortigen Werkshallen sowie ein zugehöriges Hochhaus wurden 2013 demontiert und abgerissen.

Der Eingang zu den Pittlerwerken in der gleichnamigen Leipziger Pittlerstrasse /Stammerstrasse in Wahren, welche 1900 in Betrieb genommen wurden
Der Eingang zu den Pittlerwerken in der gleichnamigen Pittlerstrasse /Stammerstrasse in Wahren, welche 1900 in Betrieb genommen wurden

Mit dem Konkurs war das Ende der Leipziger Werke jedoch noch nicht besiegelt, denn die insolvente Pittler-Tornos AG wurde im Jahr 1999 von der EMAG Gruppe übernommen und gehört auch heute noch dazu.

Comments

  1. Es ist immer dasselbe: Der Stasi-SED konnte nicht wirtschaften! Unter normalen Umständen, nämlich ab 1990, war diese Mißwirtschaft eben nicht konkurrenzfähig. Dazu wurde das sogenannte Volkseigentum von den vormaligen DDR-Eliten privatisiert und somit dem originären Wirtschaftskreislauf entzogen, bzw. einige wenige profitierten davon. Das erging den VEB-Betrieben ebenso wie den LPG!

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