Der Leipziger Stadtteil Sellerhausen ist nicht gerade für den Bereich der Industrialisierung bekannt und dennoch gibt es hier so einiges aus der alten Zeit zu entdecken. So wie die ehemaligen Industriebauten der alten Fabrik für Anlagen und Chemikalien der Galvanotechnik, welche sich nur unweit des einzigen Relikts der ehem. Maschinenfabrik Ernst Kirchner & Co. befinden. Und auch der Zeitraum, in dem beide Firmen entstanden, ähnelt sich zumindest etwas. Somit geht es jetzt zur Geschichte und den Anfängen des Dr. Langbein bis hin zum VEB Galvanotechnik.

das alte Kontorgebäude der Dr. G. Langbein, Leipzig, Chemische Fabrik für Galvanoplastik und Metallindustrie in Sellerhausen
das alte Kontorgebäude der Dr. G. Langbein, Leipzig, Chemische Fabrik für Galvanoplastik und Metallindustrie in Sellerhausen

Die ersten Jahre

Schon am 1. Dezember 1881 öffnete der deutsche Chemiker Dr. Georg Langbein am Dösener Weg 9-11 ein Unternehmen unter dem Namen Dr. G. Langbein, Leipzig, Chemische Fabrik für Galvanoplastik und Metallindustrie, welche wohlgemerkt die erste ihrer Art in Deutschland war. Nachdem Langbein 1886 sein erstes „Vollständiges Handbuch der Galvanischen Metallniederschläge“ schrieb, zog die ständig wachsende Firma 1890 mit ungefähr 30 Mitarbeitern nach dem Bau neuer Fabrikanlagen an die heutige Torgauer Straße 76. Schon 4 Jahre später wurde das Unternehmen mit dem Einstieg des bekannten Chemikers Dr. Rudolf Jay in „Dr. G. Langbein & Co. Chemische Fabrik“ umfirmiert und expandierte weiter. Es entstanden neben Filialen in Berlin oder Solingen auch welche in Wien, Mailand sowie Brüssel.

Blick auf die alten Fabrikhallen mit Schornstein des einstigen VEB Galvanotechnik
Blick auf die alten Fabrikhallen mit Schornstein des einstigen VEB Galvanotechnik

Schon einige Jahre vor Langbein machte sich der österreichische Galvanotechniker Wilhelm Pfanhauser auf, um ab 1877 Anlagen für die Galavanisierung zu entwickeln. Beide Firmen standen im Konkurrenzkampf und schlossen sich im Jahr 1907 unter dem Namen „Langbein-Pfanhauser-Werke AG“, kurz LPW zu einer Aktiengesellschaft zusammen. Bis zu seinem Tod 1909 agierte Langbein als Aufsichtsratsvorsitzender der Gesellschaft, welche insgesamt 250 Mitarbeiter beschäftigte. Schon 1920 baute man die ersten Halbautomaten für den Prozess der Vernicklung und bereits 13 Jahre später den ersten Nickel-Chrom-Vollautomaten, sodass man bis 1940 zum größten deutschen galvanotechnischen Fachbetrieb mit mehr als 2000 Beschäftigten aufstieg. Während das Unternehmen 1940 ganze 33 Standorte in 13 Ländern unterhielt, eröffnete man 1937 den zweiten Standort in der Stadt.

die alten Industriehallen der ehemaligen VEB Galvanotechnik in der Torgauer Straße Sellerhausen - einst als Dr. G. Langbein, Leipzig, Chemische Fabrik für Galvanoplastik und Metallindustrie gegründet
die alten Industriehallen der ehemaligen VEB Galvanotechnik in der Torgauer Straße Sellerhausen – einst als Dr. G. Langbein, Leipzig, Chemische Fabrik für Galvanoplastik und Metallindustrie gegründet

2.ter Weltkrieg und DDR

Das Unternehmen produzierte auch in dieser Zeit für die Rüstung und so entstanden neben Ladegeneratoren für Heeresnachrichtenzwecke auch Kartuschen- sowie Patronenhülsen unter der Einbeziehung von streckenweise mehr als 500 Zwangsarbeitern. Den 2.ten Weltkrieg überstanden die Fabrikanlagen in Sellerhausen relativ unbeschadet, sodaß kurz den dem Ende 1945 trotz Reparationsleistungen von fast 95% wieder mit Produktion begonnen wurde. Bevor das Unternehmen 1950 zum „VEB Galvanotechnik Leipzig“ umfirmiert wurde, stand die 2 Jahre vorher die Enteignung an. In den Zeiten der DDR besaß die Leipziger Galvanotechnik ein Monopol im osteuropäischen Raum und exportierte Maschinen sowie Chemikalien in über 36 Länder, wobei man schon 1952 eine Mitarbeiterzahl von 1500 hatte.

Kurz nach der politischen Wende brachen sehr viele Aufträge weg und die Mitarbeiterzahl sank. Schon 1990 entstand aus dem Volkseigenen Betrieb, welcher privatisiert wurde, die „Galvanotechnik Leipzig GmbH i.G.“, welche jedoch 1993 abgewickelt wurde. Nur 2 von den daraus resultierenden 7 Unternehmen sind noch heute am Markt. Am heutigen Standort ist eine Zweigstelle der Vopelius Chemie AG beheimatet, wobei 2010 an selber Stelle ein Museum entstand , welches an die Bedeutung der Galvanisierung erinnern soll. Neben dem ehemaligen Kontergebäude sind auch die Halle 15 sowie das Heizwerk der Industriebauten übrig geblieben.

im Inneren des ehemaligen VEB Galvanotechnik ist ausser ein paar Dokumenten nicht mehr viel übrig vom alten Glanz
im Inneren des ehemaligen VEB Galvanotechnik ist ausser ein paar Dokumenten nicht mehr viel übrig vom alten Glanz

Das Unternehmen im Westen

Auch im damals geteilten Deutschland passierte etwas mit dem Unternehmen Langbein-Pfanhauser Werke AG, welches nach der Enteignung im Jahr 1948 nach Wiesbaden verlegt wurde. In einer Düsseldorfer Niederlassung wurde versucht, die Produktion wieder aufzunehmen, während auch die Verwaltung 1951 nach Düsseldorf kam. Der Neubau neuer Fabrikhallen erfolgte 1952 in Neuss, wobei auch der neue Unternehmenssitz ab 1954 hier beheimatet war. Die Umwandlung in eine Holding mit mehreren Beteiligungsunternehmen erfolgte 1982. Leider musste jedoch auch das letzte von diesen 2012 Insolvenz beantragen, sodass nichts mehr vom ganzen übrig blieb.

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